A German Bible on an altar in a church, showing pews in the background.

Yehshua und Gott: Eine Biblisch-Theologische Untersuchung aus Sicht der Nazarener Juden

Einleitung

Die Beziehung zwischen Yehshua (dem Messias) und Gott ist eines der zentralsten Themen der Bibel und ein Schwerpunkt der Lehren der Nazarener Juden. Als Gemeinschaft, die sich strikt an die gesamte Schrift hält, lehnen wir die Trinitätslehre und das Konzept der Dreifaltigkeit ab, da diese weder aus der Bibel hervorgehen noch von den frühen Nazarenern, den ersten Jüngern Yehshuas, gelehrt wurden. Dieser Artikel zeigt auf, wie die Schrift Yehshua als Mittler, Sohn Gottes und vollkommenen Vertreter des Vaters darstellt, ohne ihn mit dem Vater gleichzusetzen.

Die Nazarener Juden berufen sich dabei auf die klaren Aussagen der Tora, der Propheten und des Neuen Testaments. Wir analysieren, wie die Missverständnisse um Yehshuas Rolle entstanden sind, wie die Trinitätslehre entwickelt wurde und welche biblischen Beweise diese Lehren widerlegen. Dabei ist es unser Ziel, die absolute Einheit Gottes („Echad“) zu verteidigen und Yehshuas einzigartige Stellung als von Gott gesandter Messias darzustellen.


Was bedeutet „Echad“ in der Bibel?

„Echad“ im Sch’ma Jisrael

Das wichtigste Glaubensbekenntnis Israels, das Sch’ma Jisrael, beginnt mit 5. Mose 6:4:

„Höre, Israel: Der HERR, unser Gott, der HERR ist eins (Echad).“

Das hebräische Wort „Echad“ (אחד) bedeutet „eins“, wird jedoch oft im Sinne von „vereint“ oder „eine komplexe Einheit“ verstanden. Es beschreibt die unteilbare Einheit Gottes, ohne Raum für eine Aufteilung in Personen zu lassen. Im biblischen Kontext betont „Echad“ die Exklusivität und Singularität Gottes, wie in Jesaja 44:6:

„So spricht der HERR, der König Israels, und sein Erlöser, der HERR der Heerscharen: Ich bin der Erste und ich bin der Letzte, und außer mir gibt es keinen Gott.“

Das Konzept der Einheit wird in der gesamten Schrift durchgängig betont. Yehshua selbst bezieht sich auf die Einheit mit Gott, ohne dabei die Vorstellung von mehreren Personen innerhalb der Gottheit zu fördern. Stattdessen wird seine Beziehung zu Gott als vollkommen harmonisch und übereinstimmend beschrieben.

Einheit von Yehshua und dem Vater

Yehshua erklärte in Johannes 10:30:

„Ich und der Vater sind eins (griechisch: hen).“

Das griechische Wort „hen“ beschreibt hier eine Einheit im Willen, im Zweck und im Handeln, nicht jedoch eine Identität. Yehshuas eigene Worte in Johannes 14:28 machen dies deutlich:

„Denn mein Vater ist größer als ich.“

Diese Aussage zeigt, dass Yehshua und der Vater zwei unterschiedliche Entitäten sind, die in vollkommener Harmonie handeln, wobei der Vater die höchste Autorität besitzt. Diese Unterordnung wird weiter in Johannes 5:19 betont:

„Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht.“

„Echad“ in der Schöpfung: Mann und Frau

In 1. Mose 2:24 finden wir ein weiteres Beispiel für das Konzept von „Echad“:

„Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein (basar echad).“

Hier beschreibt „Echad“ die Einheit von Mann und Frau in der Ehe, wobei beide ihre Individualität behalten. Diese Einheit in Vielfalt zeigt, dass das biblische Konzept von Einheit keine Verschmelzung oder Aufhebung der Unterschiede bedeutet, sondern eine Harmonie und Kooperation.

Diese Beispiele zeigen, dass die Einheit im biblischen Kontext weder eine Auflösung der Individualität noch eine Identität voraussetzt, sondern vielmehr eine vollkommen abgestimmte Beziehung und Übereinstimmung.


Yehshua und die Rolle des Mittlers

Yehshua als der Mittler zwischen Gott und den Menschen

In 1. Timotheus 2:5 wird Yehshuas einzigartige Rolle als Mittler betont:

„Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Yehshua.“

Diese Rolle ist zentral für das Verständnis seiner Mission. Yehshua vermittelt zwischen Gott und der Menschheit, indem er Gottes Willen offenbart und die Menschen zu Gott führt. In Hebräer 8:6 wird Yehshua als Mittler eines besseren Bundes beschrieben:

„Nun aber hat er einen umso vortrefflicheren Dienst erlangt, als er auch Mittler eines besseren Bundes ist, der auf besseren Verheißungen gegründet ist.“

Dieser Dienst betont seine Abhängigkeit von Gott, denn er handelt stets im Auftrag und nach dem Willen des Vaters.

Yehshua als der Sohn Gottes

Yehshua wird in der Bibel als „Sohn Gottes“ bezeichnet, ein Titel, der seine besondere Berufung und Beziehung zu Gott ausdrückt. In Johannes 3:16 lesen wir:

„Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“

Die Nazarener Juden betonen, dass dieser Titel keine Gleichheit mit Gott impliziert. Psalm 2:7 liefert eine prophetische Grundlage für diesen Titel:

„Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“

Dies zeigt, dass der Titel „Sohn“ eine Berufung und Autorität beschreibt, die Gott Yehshua gegeben hat, ohne ihn als Gott selbst darzustellen.


Yehshua als „Ewiger Vater“

Jesaja 9:5 und der Titel „Ewiger Vater“

In Jesaja 9:5 wird Yehshua prophetisch mit verschiedenen Titeln beschrieben:

„Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst.“

Der Ausdruck „Vater der Ewigkeit“ (אבי עדי) wird oft missverstanden. Er bedeutet nicht, dass Yehshua selbst Gott, der Vater, ist. Vielmehr beschreibt dieser Titel seine Rolle in der Heilsgeschichte: Yehshua ist derjenige, durch den Gott ewiges Leben schenkt. Er ist der Vater der neuen Schöpfung, wie es in 1. Korinther 15:45 angedeutet wird:

„Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele; der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist.“

Der Titel „Vater“ steht hier für seine fürsorgliche, beschützende und lebensspendende Funktion in Bezug auf die Ewigkeit.

Yehshua und der Unterschied zum Vater

Die Schrift macht klar, dass Yehshua nicht der Vater selbst ist. In Johannes 17:3 unterscheidet Yehshua deutlich zwischen sich und dem Vater:

„Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Yehshua Christus, erkennen.“

Der Titel „Ewiger Vater“ weist also nicht auf eine Gleichheit mit dem Vater hin, sondern auf Yehshuas Rolle als von Gott beauftragter Vermittler des ewigen Lebens.


Die Bedeutung des Titels „Gott“

„Gott“ als Titel der Autorität

Im Hebräischen wird das Wort „Gott“ (Elohim, אלהים) nicht ausschließlich für den Schöpfer verwendet. Es wird auch für Personen verwendet, die in einer besonderen Autoritätsposition stehen, wie Richter oder Führer. In Psalm 82:6 steht:

„Ich habe gesagt: Ihr seid Götter, und ihr alle seid Söhne des Höchsten.“

Dieser Gebrauch des Wortes Elohim zeigt, dass der Titel „Gott“ nicht immer absolute Göttlichkeit impliziert, sondern Macht, Autorität oder einen besonderen Auftrag.

Yehshua als „Gott“ im Kontext

In Johannes 20:28 spricht Thomas Yehshua mit den Worten an:

„Mein Herr und mein Gott!“

Die Nazarener Juden verstehen diese Aussage nicht als Bestätigung der Trinität, sondern als Ausdruck von Thomas’ Anerkennung der von Gott gegebenen Autorität Yehshuas. Yehshua wird hier nicht als der Vater angesprochen, sondern als der Bevollmächtigte Gottes, der seine Macht und Autorität ausführt.


Historische Perspektive: Die Nazarener und die Ablehnung der Trinität

Die frühen Nazarener

Die Nazarener, die ersten Jünger Yehshuas, hielten fest an der Einheit Gottes, wie sie in der Tora und den Propheten gelehrt wird. Sie lehnten die spätere Trinitätslehre ab, die erst durch das Konzil von Nicäa (325 n. Chr.) institutionalisiert wurde. Ihre Lehre basierte allein auf den Schriften und den Worten Yehshuas.

Die Entwicklung der Trinitätslehre

Die Trinität wurde aus philosophischen und politischen Gründen entwickelt, um das Christentum im römischen Reich zu vereinheitlichen. Historische Aufzeichnungen zeigen, dass diese Lehre nicht von Yehshua oder seinen Aposteln gelehrt wurde. Stattdessen ist sie eine Abweichung von der ursprünglichen Lehre der Nazarener.


Fazit

Die Nazarener Juden verstehen Yehshua als den von Gott gesandten Messias, der die Menschheit mit Gott versöhnt. Er ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen, handelt im vollkommenen Gehorsam gegenüber dem Vater und offenbart dessen Willen. Die Einheit Gottes („Echad“) bleibt unantastbar, und Yehshua wird als Vertreter Gottes und nicht als Gott selbst geehrt. Der Titel „Ewiger Vater“ unterstreicht seine Rolle als Ursprung des ewigen Lebens und seine Autorität, ohne ihn mit Gott, dem Vater, gleichzusetzen. Diese Sichtweise ist biblisch fundiert und spiegelt die Lehren der ersten Nachfolger Yehshuas wider, die an der Reinheit des Glaubens festhielten und die spätere Trinitätslehre ablehnten.